Oder Brachmann-de-Lange-Syndrom: Klinisch ausgeprägt variables Fehlbildungs-Retardierungssyndrom, das vor allem durch ein charakteristisches Aussehen gekennzeichnet ist. Erstbeschreibung: 1916 durch W.Brachmann(deutscher Arzt) und 1933 durch Cornelia-de-Lange (1871 - 1950; niederländische Kinderärztin). Diagnostische Kriterien: 1. Charakteristische Fehlbildungen des Gesichts: kleiner mikrozephaler Kopf; konvex geschwungene Augenbrauen, die im Bereich der Nasenwurzel zusammenwachsen (Synophrys); lange, kräftige Wimpern; Epikanthus (sogen. Mongolenfalte); kurze Nase mit flachem, breiten Nasenbein sowie typischerweise dreiecksförmig gebogener Nasenboden mit geschrumpfter Nasenscheidewand; langes, oft leicht vorstehendes Philtrum (Rinne in der Mitte der Oberlippe); schmale, konvex gebogene Mundwinkel. Oft tief angesetzte, nach hinten verdrehte, fehlgebildete Ohrmuschel. 2. Minderwuchs, typischerweise von Anfang an, häufig kombiniert mit chronischer Ernährungsstörung im Säuglingsalter. 3. Extremitätenanomalien: in leichter Ausprägung kleine Hände und Füße, Schiefstellung der Finger(glieder) und angeborene Beugekontraktur (Muskelverkürzung) einzelner Fingergelenke. 4. Anomalien des Handfurchen- und Hautleistenmusters: Vierfingerfurche, vermehrt Bogenmuster und radiale Schleifen auf den Fingerbeeren. 5. Hypertrichose (lokalisiert oder generalisiert auftretende, vermehrte Körperbehaarung) besonders an Gesicht, Rücken und Streckseiten der Extremitäten. 6. Genitalanomalien unterschiedlicher Ausprägung: Hypoplasie (Unterentwicklung des Organs), Kryptorchismus (Hoden in der Bauchhöhle), Hypospadie (angeborene Fehlbildung der Harnröhre). 7. Innere Fehlbildungen: nicht selten angeborene Herzfehler; häufig Magen- und Darmanomalien einschließlich Zwerchfelldefekten; Nierenanomalien. 8. Radiologisch: Verkürzung der Mittelhandknochen, z.T. krallenartige Deformierung des Kleinfingerendgliedes (=Kirner-Deformation); häufig unspezifisch verzögerte Skelettreifung. 9. Fütterungsschwierigkeiten und schlechtes Gedeihen, bei einem Teil der Patienten; jahrelange Sondenernährung erforderlich. 10. Häufig gesteigerter Muskeltonus; z.T. stark verzögerte statomotorische (auf das Stehen und Gleichgewicht bezogene) Entwicklung, Gehfähigkeit ist jedoch die Regel. 11. Sprachentwicklung typischerweise deutlich verzögert, bei einem Teil praktisch ganz ausbleibend. Charakteristische eher tiefe und heisere Stimme. 12. Geistige Behinderung unterschiedlicher Ausprägung. Bei einem Teil der Patienten hochgradige geistige Behinderung; oft Störung des sozialenKontakts, an autistisches Verhalten erinnernd, auch Hyperaktivität und autoaggressives Verhalten möglich. Nicht selten pathologisches EEG, z.T. auch Krampfanfälle. 13. Zahlreiche Anomalien oder Funktionsstörungen können auftreten: Mikrophthalmie (abnorm kleines Auge); verschiedene Brechungsfehler des Auges (besonders Kurzsichtigkeit); Zahnreihe mit großen Zwischenräumen bis Zahnlosigkeit; Nabel-, Leistenbrüche; Wirbelanomalien einschließlich Spina bifida occulta (äußerlich nicht sichtbare Spaltung der Neuralbögen der Wirbel); Steißbeingrübchen; Skoliose (seitliche Verbiegung der Wirbelsäule); eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit, insbesondere der Ellenbogengelenke. Prognose sehr unterschiedlich und abhängig vom Ausprägungsgrad; bei schwersten Formen frühletal, häufig schwere allgemeine Retardierung, ausnahmsweise nur leichte oder praktisch fehlende geistige Retardierung. Ursache nicht eindeutig geklärt. Ganz überwiegend sporadisches Auftreten, einige Beispiele direkter Transmission (Übertragung) als Hinweis auf autosomal-dominanten Erbgang zu deuten. Enorme krankhafte Variationen des Syndroms möglich. Mittelschwere und schwere Fälle in der Literatur möglicherweise überrepräsentant, jedoch minimale diagnostische Kriterien möglich. Die genetische Beratung hat ein geringes Wiederholungsrisiko zu berücksichtigen. Pränatale Diagnostik über Ultraschall denkbar. |